Ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden, dass es nicht den einen Moment gibt, an dem Jimmy auf einmal zu dem Ekelpaket Saul Goodman aus Breaking Bad wird. Die letzte Szene in „Winner“ ist zwar ebenfalls nicht dieser Moment, trotzdem wirkt sie wie ein signifikanter Einschnitt in der Entwicklung des Charakters. Nicht nur bahnt sich hier tatsächlich seine Namensänderung auf dem Papier an, die Zuschauer und – noch viel wichtiger – Kim werden zum ersten Mal zum Opfer von Slippin‘ Jimmy. Es dürfte weder uns noch Kim überraschen, trotzdem schlagen die letzten Worte der Staffel – „S’all good, man!“ – ein wie ein Blitz und klingen für mich nach dem Abschied eines sehr traurigen Mannes namens Jimmy McGill.

Im Teaser gelingt es den Autoren der Folge Peter Gould und Thomas Schnauz wie schon die gesamte Staffel über thematisch und emotional perfekt einzusteigen. Anders als in vielen anderen Szenen mit den Gebrüdern McGill zuvor erleben wir die beiden am Abend nach Jimmys Ernennung zum Anwalt zum ersten Mal im Einklang miteinander. Das beweist uns auch endgültig, dass Chucks letzte Worte an Jimmy nur die eines am Ende von seiner Krankheit und seiner Verbitterung getriebenen Bruders waren. Noch mehr Bedeutung hat die Szene aber für Jimmys Seelenleben, in das wir in „Winner“ besonders tief blicken können: In der Karaoke-Bar wird es ganz offensichtlich, wie wichtig ihm Chucks Anerkennung ist und wie gern er ihn in solchen Momenten um sich hat. Mit anderen Worten: Exakt das, was Jimmy in der Szene zeigt, tut er nach seinem erfolgreichen Statement vor der Bar Association gegenüber Kim als Schauspiel ab.

Zu einer meiner absoluten Lieblingssequenzen gehört sie vor allem wegen des Moments, an dem Chuck Jimmy das Mikrofon abnimmt und „The Winner Takes It All“ alleine weitersingt. Das könnte ganz schnell so aussehen, als ob Chuck Jimmy wieder einmal bewusst zur Seite drängen will, genau das passiert hier meiner Meinung nach aber nicht. Jimmy weiß natürlich von Chucks Faible für Musik und von seiner Einsamkeit seit der Trennung von Rebecca, weswegen er ihm hier ganz freiwillig die Bühne überlässt und ihm so die Chance gibt für einen kurzen Moment mal Spaß zu haben. Genauso fürsorglich verhält sich danach dann aber auch Chuck, als er seinen betrunkenen Bruder ins Bett bringt und ihm sogar noch einen Eimer neben das Bett stellt. Gekrönt wird der Moment dann natürlich noch von dem Bild der beiden zusammen im Bett, wie sie nochmal den A.B.B.A.-Song anstimmen. Es lässt einen darüber nachdenken, was aus den beiden hätte werden können, hätte Chuck seinem Bruder nicht ständig die Fehler seiner Vergangenheit nachgetragen und Jimmy endlich seine Triebe unter Kontrolle gebracht.

They dangle these things in front of you, they tell you you got a chance — but I’m sorry, it’s a lie. Because they had already made up their minds and they knew what they were going to do before you even walked in the door. You made a mistake, and they are never forgetting it. As far as they are concerned, your mistake, that’s who you are.
– Jimmy

Jimmys Triebe sind ein gutes Stichwort, denn für mich ist die größte Erkenntnis aus Staffel 4 und vor allem aus diesem Finale, dass er sich diesen Trieben nun endgültig ergibt. Drei Staffeln hat er es versucht und versucht, um dann von Chuck daran erinnert zu werden, dass er sich nie ändern wird. Exemplarisch wird ihm das nochmal vor Augen geführt, als Jimmy im HHM-Rat für Chucks Stipendium sitzt und dafür stimmt, der Kandidatin Kristy eine Chance zu geben, obwohl sie mit ihrer Vergangenheit als Ladendiebin eigentlich von Vornherein keine Chance hat. Das Board entscheidet sich aber letztlich trotzdem gegen sie, was Jimmy beweist, dass auch er – egal, wie sehr er sich je ins Zeug legen wird – in der Welt der Anwälte immer der sein wird, dessen Lizenz für ein Jahr weg war, weil er eine Straftat begangen hat. Ich vermute sogar, dass es ihn auf einer noch persönlicheren Ebene trifft. Es lässt ihn auch einmal mehr spüren, warum Kim keine gemeinsame Kanzlei mehr mit ihm eröffnen will. Seine professionelle wie private Zukunft scheint in Stein gemeißelt, der Frust sitzt deswegen so tief, dass er Kristy genau das sagt, was er sich selbst von nun an auch schwört: jemand zu werden, der es denen heimzahlt, die ihn sein ganzes Leben versucht haben unten zu halten. Es ist eine große Entscheidung, die er da für sich trifft. Eine, die ihn meiner Meinung nach dann in seinem Auto in der HHM-Tiefgarage dazu bewegt seinen Emotionen zu erliegen und aus tiefster Seele zu weinen. Ihm ist wohl auch klar, dass ihm das früher oder später Kim kosten wird.

Whatever happens in there… I’m with you, Jimmy.
– Kim

Mir will auch einfach nicht der Gedanke aus dem Kopf, dass Jimmy ganz bewusst so herzlos und kalt gegenüber Kim war im Nachgang an sein Statement in der Anhörung. Vom einen auf den anderen Moment ändert sich seine komplette Körpersprache und er nennt die Dame vom Gericht „sweetheart“, das alles wirkt mehr wie ein bewusstes Umschalten als ein natürlicher Wandel. Wir haben die gesamte Staffel über gesehen, dass Jimmy alles tut, um sich negativen Gefühlen nicht stellen zu müssen. Der Gedanke, das Gespräch mit Kim zu suchen, ob eine Trennung nicht das beste wäre, weil er nicht das Gefühl hat, dass sie ihn so liebt, wie er nunmal ist, kommt ihm gar nicht in den Sinn. Lieber erneut Kim völlig im Dunkeln stehen und sie die stille Beobachterin dabei sein lassen, wie Jimmy sich aktiv für ein Leben als hinterhältiger, schleimiger Krimineller entscheidet. Statt einen klaren Schlussstrich zu ziehen, nimmt er Kim nun mit auf eine Reise, die damit beginnt, dass sie zu einem der „suckers“ wird, die er vor Gericht mal wieder komplett verarscht. Als Jimmy sie stehen lässt, wirkt sie fast so klein wie Chuck, als er ihn im selben Gericht vor etwas mehr als einem Jahr komplett ruiniert hat. Wie lange Kim das noch mit sich machen lässt, ich höchst fraglich. Irgendwann dürfte selbst sie einsehen, dass sie den Kampf gegen Jimmys Innerstes verloren hat.

Er it ja nicht so, als hätte sie es die gesamte Staffel über nicht versucht. Immer wieder wollte sie ihn in eine Therapie schicken. Stattdessen hat sie ihm – aus Angst, ihn in seiner „Trauer“ zu sehr zu bevormunden – machen lassen. Rausgekommen ist, dass Jimmy durch sein Telefongeschäft nun besser denn je verknüpft ist in der Unterwelt, wo er ja in „Piñata“ schon tiefer gesunken ist als gedacht. Und auch wenn Kim ihm bei der ganzen Manipulation der Bar Association hilft, so spürt man immer wieder, was ihr echtes Anliegen ist. Als Jimmy von Chucks Grabstein kommt und sie fragt, ob es überzeugend aussah, stellt sie ihm nur die Gegenfrage „How did it feel?“ in der Hoffnung, dass das alles in ihm vielleicht ja doch irgendwas auslöst. Vor Gericht denkt sie dann kurz, dass sie es endlich geschafft hat, nur um dann noch böser als je zuvor auf die Schnauze zu fallen. Es ist eine wahrlich tragische Szene, die man wieder einmal nur aufgrund von Rhea Seehorns Mimik so eindeutig lesen kann.

S’all good, man!
– Jimmy

Am Ende von Jimmy und Kims Storyline bin ich aber wieder bei „Quite A Ride“. Seit der Folge bin ich mir immer sicherer, dass es sich bei Saul Goodman um eine Maske handelt, die sich Jimmy aus freien Stücken heraus irgendwann aufsetzt und diese Rolle so überzeugend spielt, dass er seinen moralischen Kompass völlig links liegen lässt. Einzig der Grund, warum er das tun könnte, war mir nicht ganz klar, nach „Winner“ ist mir der aber auch im einiges klarer. Ich denke, dass natürlich einerseits genau der Punkt eine Rolle spielt, den er versucht Kristy zu verklickern – Rache gegenüber den denjenigen, die ihn als Anwalt nicht ernst genommen haben. Der zweite Faktor resultiert für mich aus seiner Unfähigkeit mit seinen Gefühlen umzugehen. In Saul Goodman erschafft Jimmy sich eine Persona, die völlig ohne Empathie auskommt. Sie ermöglicht es ihm, weiter Chucks Tod nicht auf eine gesunde Weise verarbeiten zu müssen und aller Voraussicht nach einsam und ohne Kim durchs Leben zu gehen. Wenn wir uns das offizielle Poster zur Staffel nochmal ansehen, dann ist es genau die Interpretation, die wir dort abgebildet sehen: Ein tief trauriger Jimmy hält die Maske eines breit grinsenden Saul Goodman vor seinem Gesicht. Als er diese – wie wir es in „Quite A Ride“ meiner Meinung nach sehen – wieder ablegt, bleibt ein gebrochener, kleiner Mann zurück, den wir in den Schwarz/Weiß-Szenen als Gene Takavic kennengelernt haben. Vielleicht stellt er sich ja in dieser Timeline noch seinen Gefühlen. Das wäre eine Art von Happy End, die ich mir für Better Call Saul viel eher vorstellen kann als eine zufällige Reunion mit Kim oder ähnliches.

Alles andere als ein Happy End gab’s für unseren Lieblingsarchitekten Werner. Wie vermutet bleibt sein Fluchtversuch nicht ohne Folgen und es passiert das, was passieren musste: Mike begeht seinen ersten Mord als Handlanger von Gustavo Fring. Ich finde, es ist wert sich nochmal zu vergegenwärtigen, dass niemand diese komplette Super-Lab-Storyline hat kommen sehen, niemand hat sie erwartet oder gefordert. In Anbetracht dessen bin ich einfach echt dankbar, dass wir sie bekommen haben. Sie macht nicht nur für Mikes Charakterentwicklung und sein Verhältnis zu Gus Sinn, Werner war auch wirklich ein toller Charakter, den man gerne gesehen hat. Außerdem ist es den Machern noch gelungen, Lalo in der letzten Folge noch zu involvieren, was einen großen Konflikt für Staffel 5 aufwirft. Denn der weiß jetzt, dass Gus hinter dem Rücken des Cartels an irgendeinem Großprojekt arbeitet. Zum ersten Mal blicken wir auch hinter die Fassade von Lalo und wir erkennen den Wahnsinn eines echten Salamancas in ihm. Es spricht vieles dafür, dass Lalo der große Antagonist der nächsten Staffel sein wird – sowohl für Gus und Mike als auch für Nacho und Jimmy.

Nicht nur hat Werner Mike, Gus und die gesamte Operation unterschätzt, Mike hat auch Werner unterschätzt. Das ist ein Grund, warum ich die Storyline so mochte: Mike merkt, dass es in diesem Geschäft manchmal nicht ohne Gewalt geht. Das hat er sich selbst eingebrockt, so sehr das auch gegen seinen Code als Ex-Cop verstoßen mag. Weil er Werner nach seinem ersten Ausrutscher aus Sympathie nur verwarnt und nicht härter bestraft, ergibt sich ja überhaupt die Möglichkeit für Werner zu entkommen, um seine Frau Margarethe zu treffen. Das alles könnte erklären, wieso Mike in Breaking Bad emotional dann komplett abstumpft, sich nicht emotional an irgendwen außer seine Enkelin bindet und ohne Widerworte und Zurückhaltung das tut, was von ihm gefordert wird. Denn eins ist klar: Obwohl ich damit rechne, dass zu Beginn der neuen Staffel in Mike der Wille entstehen könnte, aus dem Geschäft wieder auszusteigen, dürfte er da so schnell nicht wieder rauskommen. Mike hat seinen Job noch nicht beendet und war sogar mitverantwortlich am Scheitern des kompletten Projekts. Er hat keine Wahl außer das letzte bisschen Menschlichkeit, das wir in den Gesprächen mit Werner gesehen haben, – ähnlich wie Jimmy – ganz tief in sich zu begraben.

There are so many stars visible in New Mexico. I will walk out there to get a better look.
– Werner

Die Szene in der Wüste ist die beste Arbeit von Jonathan Banks, die wir von ihm seit der Folge „Five-O“ in Staffel 1 gesehen haben. Sein Blick auf den im Auto wartenden Werner, als ihm Gus zu verstehen gibt, dass der Architekt sterben muss, wird nur von dem übertroffen, als Werner sich auf einmal umsieht und sein Schicksal realisiert. Es stehen sich zwei intelligente Männer gegenüber, die beide nicht so wirklich das tun wollen, was jetzt gleich passieren muss, aber einsehen, dass sie ihre eigenen Entscheidungen in diese Situation gebracht haben und ihnen jetzt nichts anderes mehr übrig bleibt. Mike tut Werner sogar noch einen letzten Gefallen und lässt ihn mit seiner Frau telefonieren, damit die so schnell wie möglich wieder nach Deutschland verschwindet und Gus‘ Männern nicht in die Quere kommt. Dass Werners letztes Gespräch mit Margarethe dann  mit dem Satz endet, dass er sie gar nicht sehen will, ist umso tragischer, wenngleich er ihr damit wohl das Leben rettet. In einem wunderschönen Shot von der nächtlichen Wüste endet die Storyline dann damit, dass Mike den in die Sterne schauenden Werner erschießt. Kein überraschendes Ende, aber besser schreiben, spielen und inszenieren kannst du diesen Moment einfach nicht.

Wir beginnen die nächste Staffel also auf dem folgenden Stand, was Mike, Gus, Nacho und Lalo angeht: Mike steht weiter in Gus‘ Schuld und wird wohl damit zu kämpfen haben, auf der einen Seite Kaylee regelmäßig zum Schaukeln zu begleiten und auf der anderen ein Auftragsmörder zu sein. Gus hat zwar mit Gale einen Chemiker, aber immer noch kein geheimes Labor. Dazu hat er mit Lalo noch einen Widersacher, der von Teilen seiner Pläne weiß und das komplette Cartel gegen ihn aufmischen könnte. Nacho steht weiterhin zwischen den Fronten, verfolgt aber längst seinen ganz eigenen Plan, sich und seinen Vater schnellstens aus Albuquerque zu bekommen. Dazu wird er wohl früher oder später auf Jimmys Dienste zurückgreifen, da wir aus Breaking Bad wissen, dass sich deren Wege noch kreuzen.

Was bleibt nun abschließend zu Staffel 4 von Better Call Saul zu sagen?

Ich finde, dass man zunächst einmal wertschätzen muss, dass die Serie versucht hat etwas darzustellen, was ich von Tag 1 an als die größte Herausforderung für die Autoren gesehen habe: Warum sollte aus Jimmy McGill, so wie wir ihn in den ersten Staffeln kennengelernt haben, Saul Goodman werden? Welches Problem behebt Saul Goodman? Dass das schwer werden würde, weil man wirklich tief in das diffuse Innenleben dieses Charakters eintauchen muss, war klar. Das ist auch keine Story, die sich wahnsinnig actionreich erzählen lässt. Das geht nur langsam und behutsam, was für einige dann wohl tatsächlich etwas zu behäbig wurde. Ich für meinen Teil denke, dass genau das aber letztlich extrem gut gelöst wurde. Ich gehe aus dieser Staffel mit der klaren Interpretation heraus, dass Jimmy die Persona des Saul Goodman erschaffen muss, um vor seinen eigenen Emotionen zu flüchten und weil er einsieht, dass er von dem Menschen in seinem Umfeld nie als irgendein anderer akzeptiert werden würde. Dazu kommt natürlich noch der praktische Grund, dass er auf der Straße, wo er einen Großteil seines zukünftigen Klientels sieht, schon unter dem Namen bekannt ist. Alles in allem ergibt die Staffel somit in Sachen Jimmy ein rundes Bild. Wie er jetzt von einem Mann, der seine neue Rolle in der Welt nun akzeptiert, zu einem Anwalt wird, der seinen Kunden aktiv dazu rät, ein Sicherheitsrisiko wie Badger einfach umzubringen, ist jetzt die Aufgabe der Autoren, die bereits an Staffel 5 schreiben.

Ich bin auch froh darum, dass die Serie mit Kim und Nacho weiterhin ihre zwei Asse ohne Breaking-Bad-Zukunft im Ärmel behält. Vor allem Kim war mal wieder das absolute Herz dieser Serie und erfüllt zunehmend die wichtige Aufgabe als verlängerter Arm des Publikums. Das war gerade in der allerletzten Szene spürbar, als sie zunächst wie wir vor Gericht total in Jimmys Bann gezogen wird, nur im dann Sekunden später böse geschockt zu werden. Die Beziehung zwischen Jimmy und Kim war für mich das Highlight der Staffel, was nicht zuletzt an der überragenden Chemie zwischen Bob Odenkirk und Rhea Seehorn liegt. Zwar ist Nachos Storyline in der zweiten Staffelhälfte etwas vernachlässigt worden, reichlich Potential hat sie dennoch. Ich würde mir in Staffel 5 eine Folge wünschen, die sich fast nur mit ihm beschäftigt.

Bezüglich Mike habe ich oben eigentlich schon alles gesagt. Es war nicht der überraschendste Handlungsverlauf in dieser Staffel für ihn, aber ein logischer und wahnsinnig gut gemachter. Am meisten enttäuscht bin ich eigentlich von Gus. Ich sehe bei ihm einfach nicht die Entwicklung, die ich bei anderen Charakteren sehe. Es stimmt zwar, er ist noch etwas grüner hinter den Ohren als später in Breaking Bad, wo sich das aber im Speziellen zeigt, kann ich noch nicht ganz einschätzen. Zu viele Szenen haben sich in dieser Staffel um seine Rache an Hector gedreht, von der wir eh schon zuvor wussten. Es kann sein, dass die Autoren mehr mit ihm vor hatten, aber nicht mehr machen konnten, weil sich Giancarlo Esposito im Laufe der Dreharbeiten den Arm gebrochen hat und in der zweiten Staffelhälfte so fast nur noch sitzend in seinem Auto oder seinem Büro auftreten konnte. Ich hoffe, dass wir von Gus in Staffel 5 noch ein oder zwei andere Seiten kennenlernen können.

Alles in allem würde ich die vierte Staffel von Better Call Saul als überdurchschnittlich gutes Fernsehen einordnen, das definitiv mit zu den besten Serien des Jahres zählt, insgesamt aber doch leicht hinter der überragenden dritten Staffel bleibt. Die war meiner Meinung nach noch ein kleines Stückchen runder und profitierte enorm davon, dass sie Jimmy mit Chuck einen ganz klaren Antagonisten gegenübergestellt hatte. Seine Abwesenheit war in Staffel 4 doch deutlich zu spüren, aber sie war notwendig, weil – wie oben beschrieben – sich Jimmy irgendwann einfach mit sich selbst beschäftigen musste, um zur Überzeugung zu gelangen, dass er seine Zukunft als Saul Goodman bestreiten will. Ich respektiere die Serie sehr dafür, genau das auch so überzeugend darzustellen, wie wir es am vergangenen Dienstag auch bekommen haben.

Ein paar weitere Details:

  • Wenn man sich mal den Songtext von „The Winner Takes It All“ durchliest, passt der wirklich wie die Faust aufs Auge auf das Ende der Staffel. Sowohl Jimmys Entscheidung für eine Zukunft als Saul („Building me a home / Thinking I’d be strong there / But I was a fool / Playing by the rules“) als auch die Auswirkungen dessen auf Kims Zukunft („The winner takes it all / The loser’s standing small / Beside the victory / That’s her destiny / I was in your arms / Thinking I belonged there / I figured it made sense“) kommen vor. Anscheinend ist A.B.B.A. eine der Bands, die am vorsichtigsten sind, was eine fremde Nutzung ihrer Songs angeht, wie Music Supervisor Thomas Golubic im Insider Podcast erzählt. Zum Glück konnte er sie überzeugen.
  • Im selben Podcast hat auch Autor Thomas Schnauz über Lalos Überfall der Bankfiliale gesprochen, was ich ein bisschen seeehr weit hergeholt fand. Allerdings besteht der Stunt wohl tatsächlich auf einem realen Fall.
  • Die Episode ist die längste, die es im gesamten Breaking-Bad-Universum je gab. Ich für meinen Teil hätte die Szene mit Gus und Gale am Ende nicht mehr gebraucht, wenn gleichzeitig eine mit Nacho offenbar rausgeschnitten wurde.
  • Schön, dass wir auch nochmal Howard gesehen haben. Man weiß nicht, wie viel davon PR war, aber laut ihm befindet sich HHM wieder auf dem Weg der Besserung. Man darf gespannt sein, welche Rolle er im fünften Jahr spielen könnte.
  • Wie lustig war Ernestos Karaoke-Auftritt bitte?
  • Werners letzte Worte und sein Tod erinnern an ein Zitat von Walt Whitman: „And from time to time, Look’d up in perfect silence at the stars.“ Whitman gilt als der Lieblingsdichter von Gale, was ein großer Faktor dabei war, wie Hank herausfinden konnte, dass sich Walt hinter Heisenberg versteckt.
  • Apropos Heisenberg: Mikes erster Mord als Gus‘ Handlanger war Werner. Derjenige, der ihn irgendwann umbringen wird, ist Heisenberg. Werner Heisenberg ist der Physiker, auf dem Walts Alter Ego basiert.
  • Noch eine Ähnlichkeit zwischen Werner und Walt: Beide versuchen Mike (und Gus) auf eine ähnliche Weise davon zu überzeugen, sie am Leben zu lassen. Werners schnelles Einsehen, dass ihn nichts mehr retten kann, könnte dafür verantwortlich sein, weshalb Mike Walt in Breaking Bad so unterschätzt hat und er so immer davon kommen konnte.
  • Kurz vor seinem Zusammenbruch in seinem Auto kommt Jimmy an dem verbogenen Mülleimer in der HHM-Tiefgarage vorbei, auf den er selbst in Staffel 1 so eingetreten hat. Auf eine Art lässt er hier nochmal den ganzen Schmerz zurück, den er hat einstecken müssen bei dem Versuch, gegen seine Triebe anzukämpfen und ein aufrechter Anwalt zu werden. In dieser Tiefgarage wird ihm klar, dass er Saul Goodman werden muss.
  • Im Interview mit Alan Sepinwall hat Showrunner Peter Gould über die Zukunft der Serie gesprochen: „I think we’re closer to the end than to the beginning. I think it’s safe to say that. We’re still figuring out exactly how many more episodes there are.“ Klingt für mich so, als könnten wir noch zwei Staffeln bekommen. Ich denke, das würde ganz gut passen.

 

Wie fandet ihr die Folge und die Staffel ingesamt?

Schreibt’s mir gerne bei Twitter oder hier drunter in die Kommentare.

Das war’s von mir mit Better Call Saul für dieses Jahr, ich hatte mal wieder sehr viel Spaß, ich hoffe, ich konnte euch mit meinen Recaps auch ein bisschen unterhalten. Danke fürs Lesen und bis zur nächsten Staffel!